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Top 5 Likes „Sao Paulo“

Nach zwei Monaten ist es mal Zeit für eine erste Einschätzung unserer neuen Heimat „Sao Paulo“. Als mir Carmen vor exakt 9 Monaten von dem Brasilienangebot erzählte, habe ich mich erstmal riesig für Sie gefreut und natürlich auch für uns, da wir auf jeden Fall nochmal gemeinsam ins Ausland gehen wollten. Auch Brasilien fand ich top, aber ich hatte doch einige Bedenken gegenüber Sao Paulo – graue Stadt, viel Gewalt, Umweltprobleme und Staus.

Ich konnte mir nicht so richtig vorstellen in „gesicherten Bereichen“ zu wohnen oder nur sehr selektiv auszugehen – glücklicherweise sieht die Realität dann doch etwas anders aus. Die üblichen Assoziationen mit Sao Paulo haben natürlich ihre Berechtigung, aber die vielen positiven und schönen Sachen gehen leider etwas unter… daher gibt’s hier unsere Top 5 Likes der Stadt (die Dislikes folgen dann im nächsten Blog)!

I. “The sky is the limit“

Aufgrund der irren Größe, der unterschiedlichsten Kulturen, vielen Universitäten und einer großen Ansammlung an Unternehmen, hat Sao Paulo ein unglaublich vielfältigstes Kultur- und Ausgeh-Programm, eines der besten Südamerikas. Schwierig ist bei diesem Überangebot nur die Entscheidung, was man denn machen möchte…

„Kultur“ ist z.B. eines der Kern-Themen der Stadtverwaltung Sao Paulos. Hier fließt viel Geld rein (auch von privaten Gebern); dies fängt mit Museen an, die es in jedem Stadtviertel gibt…von kleinen Fotoausstellungen, über bekannte Künstler im MASP, kultur-geschichtliche Museen mit der Verbindung Brasiliens und Afrika, bis hin zur Pinacoteca für moderne Kunst und natürlich darf auch das große Fußball Museum am Stadion Pacaembu nicht fehlen. Durch niedrige oder gar keine Eintrittspreise versucht man alle Einwohner an den Events teilhaben zu lassen.

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Wir haben uns schon einige Sachen angeschaut, aber ich bin mir sicher dass auch noch nach drei Jahren Vieles unbekannt bleiben wird. Konzerte gibt es hier auch zu Hauf, ob in der Philharmonie (jeden Sonntagmorgen um 11h kostenlos), Rockkonzerte von AC&DC, Pearl Jam u.a. in den großen Fußballstadien und dann in vielen Bars und Musikkneipen in denen oft Jazz oder Live Rock gespielt wird. Selbst das größte Elektro-Festival „Tomorrowland“ ist inzwischen auch in Sao Paulo bzw. etwas ausserhalb ansässig (siehe auch den vorherigen Blog).

Nicht zu vergessen sind natürlich die vielen Fußball-Vereine hier ums Eck. Corinthinas, Palmeiras, FC Sao Paulo, FC Santos, Portugesa oder Juventus SP…durch unterschiedliche Anstosszeiten kann man relativ stressfrei drei Spiele live an einem Tag erleben.

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Samstags ist immer das Ausgeh-Highlight der Paulistaner. Ab 13 Uhr geht man in eine Kneipe, trinkt Caipirinha und isst Feijoada (traditioneller Bohneneintopf) und gegen 16/ 17h läuft dann langsam die Sambamusik an und es wird bis in den Morgengrauen durchgetanzt.

Auch die Bars sind großartig in Sao Paulo – ob man nun einen Caipirinha mit Sake und Kiwi möchte (es gibt zwar den Standard mit Limette und Cachaca, aber meistens kann man seinen Caipirinha „customizen“ und Frucht (z.B. Mango, Maracuja) sowie Alkohol (Cachaca, Sake, Rum, Vodka) auswählen), einen Gin and Tonic oder ein eisgekühltes Bier (-4 Grad ist hier Standard). Beim Wein tue ich mir noch schwer, aber bei den Temperaturen ist ein schwerer Rotwein sowieso nicht das Beste!

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Unser persönliches “Ausgeh”-Highlight der Stadt sind aber insbesondere die vielen Restaurants die es hier gibt – Sao Paulo toppt diesbzgl. alles was wir bisher kannten: Die unterschiedlichsten Küchenstile durch die vielen Einwanderer, die Vielfalt der Speisen sowie die Qualität ist einfach unglaublich. Egal ob Fisch, Fleisch, Gemüse oder Früchte – es ist immer alles vom Feinsten. Und das meistens in einem tollen Ambiente - wow! In zwei Stammrestaurants ums Eck sind wir inzwischen schon bekannt…

II. „The Paulistano is your friend“

Großartig sind einfach die Menschen hier in Sao Paulo – hilfsbereit, interessiert, immer einen Spruch auf den Lippen. Sehr, sehr angenehm. Macht auch die Integration und Akklimatisation relativ einfach.

Letzte Woche war ich z.B. im Supermarkt und habe mich mit der Kassiererin unterhalten während ich die ganzen Produkte auf das Band gelegt habe. Es waren von 20 Kassen nur 2 offen und an diesen beiden Kassen standen ca. 4-5 Personen mit vollen Einkaufswägen. Als meine Kassierin mitbekommt dass ich aus Deutschland komme, kann sie es kaum glauben so dass sie dies munter den ganzen anderen Leuten erzählt (sie scheint nicht Multitasking-fähig zu sein, da sie sich nur mit mir unterhält und die Produkte auf dem Band liegenbleiben). Teilweise verwundert, aber sehr höflich grüßen mich die Leute in der Schlange. Als ich dann erwähne wie gerne ich Früchte aus Brasilien esse; z.B. Mangos, die nicht in Deutschland wachsen, ernte ich große, ungläubige Augen – richtig mitleidige Blicke! Und dann geht’s los: ob denn Maracuja, Orangen, Limetten wachsen? Leider nein…. In dem Moment dreht sich die zweite Kassiererin um, und sagt selbstsicher „… aber Ananas müssen doch bei euch wachsen“. „Nein, leider auch nicht“ – mit einem Satz das ganze Weltbild zerstört. Erlösend meint ein Brasilianer aus der Schlange „ in Deutschland ist ja auch eisig kalt“ und da stimmen alle ein. Ich ernte wieder mitleidige Blicke, aber alle scheinen froh zu sein, dass ich dem kalten Deutschland entfliehen konnte und nun in Brasilien lebe. Gestört hat dieses 2-3 Minuten Intermezzo niemanden und danach fing auch meine Kassiererin endlich langsam an, alles zu scannen… Dies ist nur ein Beispiel, wie offen, interessiert und meistens auch entspannt die Brasilianer sind. Man erlebt das eigentlich an jeder Straßenecke. Macht einfach Spaß!

Das Einzige (aber das kommt dann vielleicht in die Dislikes), man darf nicht erwarten, dass irgendwas schnell und zügig passiert – sonst ärgert man sich nur den ganzen Tag.

III. „Fooood“

Eine Sache an die man sich hier schnell gewöhnt ist die wahnsinnige Auswahl an frischen Früchten und insbesondere der intensive Geschmack einer jeden Frucht. Man muss nicht mal auf irgendwelche speziellen Märkte fahren, sondern es reicht aus zum Supermarkt ums Eck zugehen. Maracuja, Papaya, Mangos, Kakis, um einige unserer Favoriten zu nennen – daher gibt es morgens eigentlich immer Joghurt mit frischen Obst und am Wochenende für Zwischendurch Mango-Lassies, Bananenshakes etc. und am Abend dann eine Frucht-Alkohol Symbiose. Man muss sich nur dran gewöhnen, dass hier jede Frucht anders aussieht – keine Uniformität durch irgendwelche unnatürlichen Zusätze (oder zumindest andere als bei uns). Aber das ist schnell getan…

Hinzu kommt, dass eines der Lieblingshobbies der Brasilianer (neben Fußball & Familie) das Essen ist – und zwar den ganzen Tag über. Nach dem Frühstück (meistens irgendein Gebäck oder Brötchen; seltener Müsli) gibt es gegen 10h dann gerne mal einen Kuchen oder „Pao de queijo“ (Käsebällchen), mittags dann Fleisch oder Fisch (immer mit dem obligatorischen Reis & Bohnen), gegen 16h gefüllte Teigtaschen oder nochmal Kuchen und abends dann zum Abschluss irgendeine warme Speise – sehr beliebt auch jede Form von Pizza. Ca. 800.000 Pizzen werden in Sao Paulo Stadt verschlungen (60% davon Delivery) – 6.000 Pizzerien gibt es in Sao Paulo Stadt (mehr über den spannenden Pizza-Markt Brasilien unter http://thebrazilbusiness.com/article/brazilian-pizza-market)

Für Leute wie uns die sehr gerne essen und neue Sachen ausprobieren ist das Angebot natürlich großartig! Insbesondere weil die Qualität meistens sensationell ist.

Nur gesund ist das nicht immer. Fast 50% der Brasilianer sind inzwischen übergewichtig. Insbesondere Zucker und frittiertes Zeug sind ein Riesenproblem. Es gibt schon Gräber für Personen bis zu 500 Kilo für schlappe 22.500 Euro (http://www.n-tv.de/panorama/Friedhof-reagiert-auf-Fettleibigkeit-im-Land-article15085361.html)

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IV. „I like to ride my bicyle (through parks)“

São Paulo verfügt über 100 Parks innerhalb der Stadtgrenzen – das hätte ich mir vor einigen Monaten nicht träumen lassen. Der größte und bekannteste Park ist der Ibirapuera, man findet dort Museen, Fahrradwege, Laufgruppen, Sportplätze, viel Grün, Spielplätze, Seen & Künstler…ein großartiger Platz um Sport zu machen oder auch am Wochenende einfach rumzuschlendern und den Leuten zuzuschauen. Vor allem kann man dort dem ganzen Verkehr, Lärm und der Stadt an sich entfliehen – nur alleine ist man nicht, an Wochenenden sind bis zu 150.000 Besucher pro Tag dort. Daneben gibt es noch viele andere Parks oder auch Wandermöglichkeiten die nur 10-20 Kilometer von Sao Paulo entfernt liegen. Dieses ganze Grün tut der Stadt sehr gut – übrigens warum ist die Stadt so grau? Seit 2006 sind Werbebanner und Anzeigen in der gesamten Stadt verboten! Insofern sieht man hier viel Beton, aber auch großflächige Street Art Bilder.

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Ein weiterer Punkt, den ich in dieser Stadt nicht erwartet hätte, ist die Fahrradbegeisterung. Naja, sagen wir mal die Stadtverwaltung hat vor einigen Jahren beschlossen, den Brasilianer das Fortbewegungsmittel “Fahrrad” näherzubringen und hat deshalb Fahrradwege, Fahrradevents und Fahrradstationen eingeführt. Der Großteil der Einwohner kann sich damit noch nicht so richtig anfreunden, da der Verkehr dadurch noch schlimmer geworden ist… aber man sieht mehr und mehr Brasilianer auf dem Fahrrad. Insbesondere sonntags, wenn viele Fahrbahnen nur für Fahrräder reserviert sind. Ca. 200 Fahrrad-Stationen gibt es inzwischen, die in ganz Sao Paulo verteilt sind. Nach einer einfachen, unbürokratischen (sehr selten hier!!) Online-Anmeldung, kann man mit seinem Smartphone die Rader an den unterschiedlichen Stationen nutzen und dann für eine Stunde kostenlos durch die Stadt fahren. Top Sache um auch neue Straßen, Kreuzungen etc. kennenzulernen. Nur auf den Verkehr sollte man achten, viele Brasilianer scheinen sich nach wie vor Fahrrädern eher zu erschrecken und geben dann extra Gas…

V. „Energy everywhere“

Ein Kollege von Freudenberg beschrieb mir Brasilien vor einigen Wochen so… “Stell dir vor die Erde ist ein Körpers und die Körperteile sind über alle Länder verteilt. Das Herz der Welt schlägt in Brasilien…und du spürst 24 Stunden den Herzschlag”. Und die Metapher ist wirklich ganz gut, um Sao Paulo zu beschreiben – die Energie die in dieser Stadt steckt ist immens – und das 24 Stunden am Tag. Ob man zu Stoßzeiten in der Metro fährt, einer Sambaband in einem Park beim Proben zuhört, ganz normale Konversationen beobachtet, funky Events besucht oder einfach nur die neuen Bauprojekte sieht! Hier bewegt sich immer etwas und die ganze Stadt verändert sich täglich. Das hat schon etwas Ansteckendes, selbst wenn man manchmal einfach froh ist die Wohnungstür zu schließen, weil einem die Energie der Stadt “überwältigt”! (Und leider ist die Energie nicht immer nur positiv).

Ja – das sind erstmal unsere TOP LIKES von Sao Paulo… die DISLIKES folgen dann bald! ;-)

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