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Tuchfühlung mit der brasilianischen Polizei

Tatort: Sao Paulo Moema – 12h mittags. Ich bin in der Mittagspause noch schnell in der Werkstatt, um mein Fahrrad abzuholen. Auf dem Rückweg schleppe ich mich durch den üblichen Stop and Go Verkehr Sao Paulos und übersehe an einer der vielen Ampeln, dass ich nur rechts abbiegen darf. Links würde ich eine Einbahnstraße falsch herum reinfahren – doch zu spät.

Ich bin links abgebogen und sehe 100 Meter weiter vier Autos an einer Ampel, die darauf warten in meine Richtung zu fahren. Ich gebe Gas, um zu verhindern, dass die stehenden Autos bei Grün auf mich zurasen und biege vor Ihnen rechts ab – „puhhh Glück gehabt“ denke ich mir just in dem Moment, als ich wahrnehme, dass eines der stehenden Autos ein Polizeiwagen ist. Sirenen gehen an und ich stoppe sofort an der nächsten Möglichkeit…ich bleibe im Auto sitzen und fahre die Fensterscheibe runter.

Zwei Polizisten mit gezückter Pistole bitten mich langsam und mit erhobenen Armen auszusteigen…zum Glück langt das Portugiesisch dafür. Ich tue wie mir befohlen und werde sehr unsanft am ganzen Körper abgetastet – zudem wollen die Polizisten wissen, ob ich im Auto eine Waffe oder Drogen dabeihabe. Kann ich verneinen – und auch noch schnell hinzufügen, dass mir alles schrecklich leid tut und ich Deutsch sei. Hilft erstmal nicht; mit den Händen auf den Rücken darf ich vom Straßenrand zuschauen wie das Auto von vorne bis hinten auseinandergenommen wird (während der Verkehr weiterfließt und sich viele wahrscheinlich fragen, wieso Gringos inzwischen schon Autos stehlen).

Nach der Durchsuchung entspannt sich die Lage zunehmend - die Polizisten sehen ein, dass ich kein Drogendealer bin und auch das Auto auf mich gemeldet ist. Insofern kommt auch kein Diebstahl oder sonstiges Vergehen in Frage. Dummerweise habe ich die Originalpapiere nicht dabei und habe auch versäumt die jährliche Lizenz beim örtlichen TÜV zu zahlen (die letzte ist 1 Woche vorher abgelaufen). Die Polizisten erklären mir, dass sie das Auto in diesem Falle einkassieren müssten. Ich nutze die Ausländermitleids-Tour und entschuldige mich wieder für das Verkehrsvergehen und versichere, dass ich die Lizenz sofort bezahlen werde („in Deutschland verfolge jeder die Regeln und zahle jeder seine Steuern – das wüssten die beiden Polizisten doch“)…zudem erkundige ich mich nach dem harten Polizistenalltag in Sao Paulo.

Das hilft glücklicherweise und wir fangen an zu sympathisieren…nach einem kleinen Small Talk beschließen die Polizisten das Auto nicht einzukassieren und auch das Einbahnstraßenfahren nicht als Vergehen zu ahnden, sondern darüber hinwegzusehen. Bleiben nur die beiden anderen Vergehen, für die ich nun gerade stehen muss…während ein Polizist die Aufnahme der beiden Taten finalisiert, frägt mich der andere Polizist wie das denn nun sei mit den ganzen Regeln in Deutschland – und ob denn wirklich so kalt ist das ganze Jahr über. Nach weiteren 5 Minuten ist die Sache erledigt, ich habe von meinen 21 Fahrerpunkten 11 verloren, aber bin um eine brasilianische Erfahrung reicher, die man nicht unbedingt haben muss. Aber immerhin kann ich nun besser den Polizeialltag in Sao Paulo nachvollziehen sowie die Kritik an den Polizeimethoden. Da es nicht der richtige Augenblick für Selfies war, gibt es leider nur zwei Polizeibescheide als Erinnerung…


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