top of page

Weinbau in Brasilien

Wein ist wahrscheinlich das letzte Getränk, das man mit Brasilien in Verbindung setzt – vorher wären da Caipirinha, Bier, Kokosnusswasser, Fruchtsäfte, Cachaca, aber (man mag es kaum glauben) es gibt eine relativ kleine Weinindustrie, die sehr gute Weine herstellen soll. Das war Anlass genug am letzten Wochenende in den Süden Brasiliens zu den Gauchos zu fliegen, nach Porto Alegre. Ca. 1 Stunde nördlich von Porto Alegre liegt nämlich das Weingebiet des Landes: Valle dos Vinhedos mit dem Zentrum in Bento Goncalvez. Aktuell ist Brasilien der drittgrößte Weinproduzent des Kontinentes, hinter Chile und Argentinien – in 2014 wurden 329.196.784 Liter produziert, davon werden 10% exportiert, hauptsächlich nach UK. (Weinproduktion Dtl. in 9,5 Hektoliter). Der Durchschnitts-Brasilianer trinkt jährlich nur 2 Liter Wein, davon 1,3 Liter Tischwein…gerne auch zur kalten Jahreszeit als Glühwein (also bei 15 Grad Außentemperatur). Zum Vergleich dazu trinken die Franzosen 43,5 Liter pro Jahr und die Italiener 33,3 l – führend an der Spitze verweilt der Vatikan mit 54,2 Liter (wahrscheinlich für die vielen Eucharistie-Feiern, let’s hope!) (Quelle wineinstitute.org). All dies erklärt den rudimentären Weinanbau in Brasilien - aber die letzten Jahre steigt der Export- und Produktionsanteil kontinuierlich!

Nach einem kurzen Flug von Sao Paulo ging es mit dem Mietwagen freitags gleich Richtung Bento Goncalvez, dem „Weinzentrum Brasiliens“ (das klingt für Pfälzer und Rheinhessen jetzt auf jeden Fall größer als es ist)…in einem ausgebauten Schloss hatten wir uns ein Zimmer reserviert und genossen am Abend die erste (erstaunlich gute) Weinflasche! Man muss dazu sagen, dass wir bisher weintechnisch in Sao Paulo immer wieder enttäuscht wurden und daher nur noch sehr selten Weine in Bars oder Restaurants bestellen.

Der ganze Süden Brasiliens ist geprägt von deutschen und italienischen Einwandern, insb. auch die Weingegend, so dass man häufig auf europäische Küche, deutsche Wörter und viel überlieferte Geschichte/ Kultur trifft. Der Wein wurde ursprünglich im 16. Jahrhundert von portugiesischen Einwandern eingeführt, aber erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde er dann großflächiger mit der italienischen und deutschen Immigration angebaut. Zudem kann man noch häufig einen „typisch deutschen Häuserstil“ und viele kleine familieneigene Gewerbe sehen, die sich auf Wurstverabreitung, Webkunst oder Mate-Tee (eine Spezialität der Gauchos) spezialisiert haben…ein wenig erinnert die Landschaft auch an Irland oder Schottland, insb. wegen dem strömenden Regen der uns einen ganzen Tag begleitet hat.

Nach der ersten feucht-fröhlichen Tour, ging es dann zum gemütlicheren Teil über – mit dem Auto durch die Weinberge und immer wieder kleinen Stops für Weinverkostungen. Der Klassiker unter den Weinen sind Merlots und Schaumweine, aber während der unterschiedlichen Stops konnten wir auch (für uns) unbekannte Trauben und Kreuzungen wie Marselan, Ediodola oder Arinarnoa entdecken…grundsätzlich fanden wir die Weine ein bisschen „einfacher“ und weniger komplex wie europäische, aber einige haben uns richtig gut geschmeckt, so dass wir uns ein wenig eingedeckt haben. Unser Favorit ist ein Valduga Arinarnoa (ein schwerer Rotwein).

Nach der malerischen Weintour ging es dann sonntags noch nach Porto Alegre, wo wir bei einem schönem Sonnenuntergang unseren Kurztrip beendet haben – die Stadt hat uns nicht so richtig umgehauen, viele verfallene Gebäude, wenig Investitionen und gestoppte Bauprojekte prägen das Bild.

Als Fazit können wir ziehen, dass es qualitativ einige brasilianische Weine (von großen Weingütern wie Valduga oder Familienunternehmen wie Pizzato) mit ihren Nachbarn aus Chile und Argentinien aufnehmen können – aber aufgrund der geringen Weinflächen und den geringen Erträge befinden sich diese Weine am oberen Ende der Preisskala, was sie nicht mehr ganz so attraktiv macht (70 – 200 Reais; ca. 15 – 50 Euro). Die Region ist auf jeden Fall eine Reise wert, insb. wegen der guten Luft, schönen Natur, Historie der Einwanderer und kulinarischen Highlights an jeder Ecke.


bottom of page