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Was Brasilianer tun wenn sie nichts tun

Unser Grund, am letzten Wochenende nach Maceió zu fliegen, war viel mehr als „nichts tun“, da Christoph sich entschieden hatte, noch einmal an einem Event der Iron Man-Familie teilzunehmen. Der halbe Ironman war an sich schon ein kleines Experiment für ihn, da er zuvor wenig Zeit mit klassischem Schwimm-, Radfahr- oder Lauftraining verbracht hatte, sondern stattdessen regelmäßig beim Boxen war. Dazu kam unsere etwas seltsame Pack-Logik (zB: „Wir werden in einer guten Unterkunft übernachten, deswegen werden wir keine Moskitos haben und brauchen daher weder Netz noch Spray…“), die wir direkt nach Ankunft vor Ort beide schon nicht mehr so recht nachvollziehen konnten.

Am ersten Tag, dem Freitag, war Christoph alleine in Maceió und sah sich Unterkunft und nähere Umgebung an, akklimatisierte sich und konnte schon mal ein wenig ausspannen. Am Abend kam ich dann dazu und wir aßen bei einem leckeren italienischen Restaurant, das in der Folge gleich so etwas wie unser Stammlokal wurde: „Santo Oregano“ – Deine Pizza komme, wie am Freitag so auch am Samstag.

Am Samstag waren wir dann schon recht früh wach und haben uns nach einem phänomenalen Frühstück zu den bekannten Stränden der Region aufgemacht. Einer meiner Kollegen war erst kürzlich ebenfalls in der Gegend um Maceió und hatte uns ein paar Tipps gegeben, und auch unser Reiseführer sprach in höchsten Tönen von den kilometerlangen Stränden. In „Praia do Frances“ und „Praia do Gunga“ angekommen, mussten wir leider feststellen, dass zumindest für Brasilianer Alagoas und die Gegend um Maceio schon lange keine „off the beaten track“-Gegend mehr ist. Alle waren schon da – inklusive einer freundlichen Gruppe aus Sao Paulo, die Christoph sofort auf seine Startnummer-Tatoos ansprach und sich ein paar Tipps abholte, wann und von wo der Lauf am besten zu beobachten sei.

Nicht nur die Unterhaltung mit unseren „Nachbarn“ aus Sao Paulo, sondern insbesondere der Kontakt mit wirklich allen Einheimischen, die wir in 2-3 Tagen kennenlernen durften, war wirklich wahnsinnig freundlich. Die Leute kamen uns jederzeit sehr warmherzig und sehr entspannt vor.

Gleichzeitig waren wir eben nicht allein, und damit Zeugen des Phänomens, das Brasilianer eigentlich sehr gerne nichts tun, aber wenn sie es tun, eigentlich nie wirklich nichts tun.

Was das konkret heißen soll? Bei der Arbeit haben wir beide schon häufiger mal festgestellt, dass es häufig nicht so wichtig ist irgendwelche konkreten Ergebnisse zu erzielen, und man meckert (wie in Deutschland und auch sonst überall) gerne mal über den vielen Stress und wäre am liebsten gar nicht erst zur Arbeit gekommen. Am Wochenende muss man sich dann erholen und eine Großstadt wie Sao Paulo überfordert allein schon so sehr logistisch gesehen, dass die meisten am liebsten den ganzen Tag zuhause auf der Couch oder (wenn genug Kohle und entsprechend nettes Apartment) am Pool bleiben. In der Ferienzeit vertauscht man dann Couch und Pool mit Strand und bleibt da aber dann auch gerne einfach auf einem Stühlchen in der Sonne sitzen, oder läuft auch mal drei Schritte ins Meer, Bierdose in der Hand, Beine lässig umspült und Blick zum Horizont.

Gleichzeitig befinden sich Brasilianer am liebsten, wie es scheint, in Gesellschaft, nicht unbedingt nur ihrer Familie und Freude, sondern auch bevorzug vieler, vieler anderer Wildfremder. Ein heimeliges Grundrauschen ist durchaus gewünscht und wird deshalb wenn nötig auch durch Handyvideos, Telefonieren über Lautsprecher und Zurufen quer über den Strand hinweg herbeigeführt. Direkte Unterhaltungen finden dabei aber selten statt, man schaut eher so zusammen raus auf Meer und ab und zu mal aufs Handy, spielt dem Kumpel ein Video vor, kommentiert kurz und ruft dann den Kindern weiter unten am Strand etwas zu.

Lustiger Weise sind die Brasilianer damit immer irgendwie gleichzeitig weniger aktiv und weniger ruhig als der deutsche Urlauber!

Es war nahezu unmöglich mal keine Hintergrundgeräusche am Strand zu haben. Entweder es wurde am Handy gespielt, Musik aufgedreht, mit einem Motor über uns ge-paraglided (!), es düste der Jetski mit dem Flyboarder und das Motorboard mit der dahinter hängenden, obligatorischen Banaboat vorbei oder einer der vielen Händler bot uns Austern an. Herrlich. Man musste dafür aber auch nur 200 Meter weit laufen um ein Stück Strand ohne Besucher zu finden. Das war den Brasilianern nämlich zu viel Bewegung im Urlaub. J

Hier ein paar Eindrücke vom Strand und auch vom Lauf – von Chris natürlich trotz Moskito durchstochenem Schlaf mit Bravour gemeistert. Unter 5 Stunden! Zur Belohnung gab es fabelhaftes Seefood.

Bom apetite!


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